Wer eine klinische Laufbahn einschlägt, hat – trotz aller Optionen – einen klaren Weg vor sich. Weicht man davon ab, gibt es plötzlich viele neue Möglichkeiten.

Nach dem Medizinstudium in Basel verfasste ich meine Dissertation zu einem Blutmarker nach Herz-Kreislaufstillstand in der Forschungsgruppe von Prof. Sabina Hunziker. Danach absolvierte ich klinische Stationen in der Inneren Medizin und Psychiatrie. Dort musste ich feststellen, dass das Spital nicht das optimale Tätigkeitsumfeld für mich ist und ich meine Fähigkeiten woanders besser einsetzen kann.

Am Anfang meiner Stellensuche hatte ich nur eine klare Vorstellung: Ich wollte gerne an einer Universität arbeiten. Und, obwohl ich den klinischen Bereich verlassen wollte, war es mir sehr wichtig, weiterhin mit der Medizin verbunden zu bleiben. Über eine ehemalige Kommilitonin erfuhr ich von ihrer Stelle am Institut für Medizinische Lehre (IML) und dessen wichtigen Aufgaben für die Ausbildung von Mediziner:innen in der Schweiz. An der Erzählung meiner Kommilitonin gefiel mir die Vorstellung, in praktische Prüfungen, sogenannten OSCEs (Objective Structured Clinical Examinations), involviert zu sein, das genaue Ausfeilen von Prüfungsfällen, die Flexibilität in der Gestaltung des Werktages und die Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Berufsgruppen. Seit Juni 2023 bin ich nun als wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Abteilung für Assessment und Evaluation (AAE) angestellt.

Die Umstellung von meinem Alltag als Assistenzärztin zu meinen neuen Aufgaben als wissenschaftliche Mitarbeiterin war eine nächste Herausforderung. An Stelle der Patient:innen sind Prüfungsfälle getreten; die vielen Telefonate wurden von E-Mailkommunikation abgelöst. Bestanden meine Aufgaben zuvor aus Aktenstudium, Visiten, Kontakten mit Spezialärzt:innen, Berichten, prägen nun Fallbestellungen (Wie kann der Umgang mit einer Patientin, bei der eine Pneumonie vermutet wird, praktisch geprüft werden?), Plausibilisierungen (Ist der Prüfungsfall in sich stimmig?), Simulationspersonen (Kann dieser Fall realistisch gespielt werden?), Prüfungsbeobachtungen (Prüft der Fall was er prüfen soll?) meinen Arbeitsalltag. Da ich schon immer gerne Texte verfasst und redigiert habe, freue ich mich, nun diese Fähigkeit vermehrt einsetzen zu können. Als schöne Abwechslung empfinde ich die OSCEs, die jeweils die Kulmination all unserer Bemühungen darstellen. Ein Highlight meiner bisherigen Tätigkeit war die eidgenössische Prüfung Clinical Skills (praktisches Staatsexamen), die in diesem Jahr zum ersten Mal dreisprachig (Deutsch, Französisch, Italienisch) stattgefunden hat. In eine Prüfung involviert zu sein, deren Planung und Erstellung mehrere Jahre dauert, an der unzählige verschiedene Fachpersonen aus fast allen Landesteilen beteiligt sind und für die ich mich zudem ein Stück weit in den klinischen Alltag zurückversetzen kann, macht richtig Spass und ist für mich einer der guten Gründe, mich am IML einzubringen. Weitere Pluspunkte sind die Zusammenarbeit mit verschiedenen Fakultäten, die Vielsprachigkeit und die Nähe zu nationalen Entscheidungsträger:innen in der medizinischen Ausbildung.

Ende Monat beginnt meine erste Weiterbildung in OSCE-Fertigkeiten, da ich neben der Mitarbeit in der Eidgenössischen Prüfung Clinical Skills die medizinische Leitung für den OSCE des dritten Studienjahres innehabe. Der OSCE ist keine Besonderheit der Schweizer Hochschulen, was mir die Möglichkeit bietet, mich international auszutauschen. Ich bin sehr gespannt darauf, zu erfahren, wie OSCEs in anderen Ländern funktionieren und welche Erkenntnisse erfahrener Expert:innen sich eventuell auch am IML implementieren lassen.

Was ist also mein Fazit nach viereinhalb Monaten IML? Es war auf jeden Fall die richtige Entscheidung, mich beruflich umzuorientieren. Ich kann meine Kompetenzen nun optimal einsetzen und ich freue mich darauf, diese am und fürs IML weiterzuentwickeln.