Kommunikation ist im Gesundheitswesen eine Schlüsselkompetenz. Kommunikationskompetenzen sind für eine gute Beziehung zwischen Fachpersonen und Patient*innen zentral und tragen zur optimalen Patientenversorgung bei. DocCom.Deutsch (DCD) ist eine etablierte online Lernplattform zur Erleichterung des Erwerbs kommunikativer Kompetenzen. Der Startschuss für das Projekt DCD liegt nun 10 Jahre zurück, Grund für einen Blick in die Vergangenheit und einen Blick nach vorne.

Die erste deutschsprachige DCD-Version wurde von der US-Produktion «DocCom» inspiriert und 2012 mit Unterstützung der «Novartis Stiftung für Mensch und Umwelt», vielen Expert*innen sowie der Drexel University entwickelt. Es erwies sich dabei, dass eine reine Übersetzung aufgrund kultureller Unterschiede nicht sinnvoll war. Zu gross waren die Unterschiede bei der Lebens-, Gesprächs- und Betreuungskultur. So wurden die ersten 12 Module komplett neu kulturell adaptiert und alle Patient*innenbeispiele neu konzipiert.

Kommunikationskompetenzen sind Kernkompetenzen für alle Akteur*innen im Gesundheitswesen

Am Anfang der DCD Entwicklung wurde vorwiegend die Ärzt*innen-Patient*innen-Kommunikation betont. Heute gestalten wir neue Module bewusst interprofessionell. Die Bedeutung von Kommunikationskompetenzen im Gesundheitswesen ist interprofessionell anerkannt, in Pflege und in der Medizin erkennbar durch die immer weiter verbreiteten Kommunikationskurse wie auch im praktischen Assessment, aber auch im neuen Masterstudium Pharmazie in Bern, wo das Kommunikationstraining für die Ausbildung in der Offizin einen festen Platz im Curriculum erhalten hat. Auch werden die Module in verschiedenen CAS der Universität Bern und Zürich verwendet und sind ein Bestandteil der jeweiligen Module mit Kommunikationsschwerpunkt (z.B. CAS Palliative Care).

Kommunikation im Gesundheitswesen

Für eine optimale Kommunikation im Gesundheitswesen können sich die Akteur*innen an übergeordneten, evidenzbasierten Prinzipien orientieren, die im DCD in spezifischen Modulen didaktisch aufbereitet sind. Wegbereitend für eine gute Beziehung zwischen Fachperson und Patient*in sind die folgenden Module:

  • ZENTRIERUNG: Integration der patientenzentrierten und der arztzentrierten Gesprächsführung
  • BEZIEHUNG: Aufbau der Arzt-Patientenbeziehung
  • ANAMNESE: Erhalten von Informationen
  • PERSPEKTIVE: Die Perspektive der Patientin / des Patienten
  • INFORMATIONEN: Informationen vermitteln

Zudem bietet DCD Module zu spezifischen Gesprächsschwerpunkten und besonderen Situationen an, z.B.:

  • EMOTION: Umgang mit intensiven Emotionen: Ärger, Angst, Traurigkeit
  • MOTIVATION: Gesundheits­verhaltens­änderungen: Beraten, Begleiten, Unterstützen
  • BADNEWS: Überbringen schlechter Nachrichten
  • FEHLER: Sprechen über Zwischenfälle
  • Weitere Module in DCD abrufbar

DCD als Unterstützung für Kommunikationstrainings

Die tragende Idee hinter DCD ist, dass gute Kommunikation erlernbar ist und dass die evidenzbasierten Konzepte in der Praxis gut umsetzbar sind. DCD ist als online Komponente für «Blended-Learning» konzipiert. Nach dem individuellen online Lernen wird idealerweise das neue Wissen unter sicheren Bedingungen mit «Simulationspersonen» in praktischen Übungen angewendet. Durch Feedback und Peer-Feedback können wir eine Verbesserung nicht nur im Wissen, sondern auch im Verhalten und bei den Einstellungen/Haltungen feststellen. Mit dieser Grundlage kann eine vertiefte Erfahrung mit Patient*innen im klinischen Alltag besser vorbereitet und mit geringeren Hemmschwellen gelingen.

Die online Lernangebote von DCD bilden damit eine Brücke zwischen Theorie und Praxis: In zahlreichen Videos wird gezeigt, wie gute Kommunikation in verschiedenen Situationen praktisch ablaufen kann. Damit die Lernenden die im Video gezeigten modell-basierten Kommunikationsschritte ideal memorieren können, sind die Videos annotiert und auch fehlerhafte prägnante Beispiele aufgezeigt, um diese Fehler bewusst zu vermeiden. Wichtige Schritte im Gespräches werden kommentiert und, wenn passend, auch mit sog. Talking-Heads durch die Darstellenden weiter erläutert. So bekommen die Lernenden Einblick, was Expert*innen aber auch Patient*innen während eines Gespräches reflektieren.

In der Pandemie hat sich DCD als hilfreiche Brücke zum Kommunikationsunterricht an zahlreichen medizinischen Fakultäten im deutschsprachigen Raum erwiesen. In Bern haben wir die Kommunikations-trainings während des Lockdowns zum Teil sogar komplett online mit einer Vorbereitung in DCD umgesetzt. Unsere eigenen Erfahrungen mit online-Kommunikationstrainings mit DCD haben wir hier kurz zusammengefasst. 

DCD-Entwicklung eng durch Forschung begleitet

Es ist ein Grundprinzip der DCD Module, dass sie im aktuellen Forschungsstand verankert sind. Viele Grundprinzipien der o.g. Module sind schon breit durch Forschung abgestützt. Durch den gesellschaftlichen Wandel werden auch neue Bedürfnisse in der Patientenkommunikation erkannt. Dazu entwickeln wir, begleitet durch Forschung, auch neue Kommunikationsmodelle, z.B.:

  • SPIRITUALITÄT: Einbeziehen spiritueller Aspekte. Im Rahmen eines NFP 74 Projektes. Link Allg. Infos und Modul online seit Januar 2021 (Anmeldung erforderlich)
  • STERBEN: Gespräche über bevorstehendes Sterben. Im Rahmen des folgenden Projektes Link. Modul online seit November 2021 (Anmeldung erforderlich) 
  • Im kommenden Jahr werden wir ein neues und nicht weniger wichtiges Modul zur «Partizipativen Entscheidungsfindung» aufschalten.

Publikationen

Die Forschung zur Lernwirksamkeit der DCD Module ist uns ein Anliegen. Beispiele der eigenen Publikationen sind:

  • Schmitz, F.M., Schnabel, K. P., Bauer, D., Woermann, U., Guttormsen, S. (2020). Learning how to break bad news from worked examples: Does the presentation format matter when hints are embedded? Results from randomised and blinded field trials. Patient Educ Couns, 103(9): 1850-1855.  
  • Schmitz, F. M., Schnabel, K. P., Bauer, D., Bachmann, C., Woermann, U., Guttormsen, S. (2018). The learning effects of different presentations of worked examples on medical students’ breaking-bad-news skills: A randomized and blinded field trial. Patient Educ Couns, 101(8):1439-1451. 
  • Schmitz, F. M., Schnabel, K., Stricker, D., Fischer, M. R., & Guttormsen, S. (2017). Learning communication from erroneous video-based examples: A double blind randomised controlled trial. Pat Educ Couns, 100(6):1203-1212.

Auch die Lernwirksamkeit der US-Produktion ist reichlich belegt.